Die sieben Prinzipien der Heilung nach Dr. Gabor Maté und wie du sie in deinem Leben integrieren und anwenden kannst. Leseempfehlung und Einladung zur Inneren Arbeit mit Selbstbeachtung und Achtsamkeit.
30. Mai 2024 von Steffen
In seinem Weltbestseller-Buch „Wenn der Körper Nein sagt“ beschreibt der Arzt Gabor Maté, wie sehr unsere körperliche Gesundheit mit unserem inneren „Emotionen-Nerven-Immun-Hormon-Supersystem“ verwoben ist. Die Kernaussage des Buches ist: Wer sich für Gesundheit interessiert, tut gut daran, sich mit seinem inneren Erleben, seinen Gefühlen und Mustern auseinander zu setzen. An unzähligen Beispielen aus seiner eigenen Praxiserfahrung, untermauert durch eine Vielzahl an internationalen Forschungsergebnissen zeigt Maté auf, wie erschütternd direkt der Zusammenhang zwischen emotionalen Verletzungen und körperlichen Krankheiten sein kann. Aber auch, wie sehr darin eine Chance auf Heilung liegt, wenn man bereit ist, sich den eigenen inneren Welten zu zu wenden.
Matés Buch ist zu etwa 80% voll gepackt mit beeindruckenden Fallbeispielen und bewegenden Schicksalen von Menschen, die es geschafft oder auch nicht geschafft haben, Einsicht in die Dynamiken ihrer Entwicklung zu erlangen – und im positiven Falle daraus Veränderungen in ihrem Leben entstehen lassen konnten, die ihr Leiden gemindert haben.
Die Fallbeispiele und Forschungsergebnisse sind Grundlage und Beleg für Gabor Matés Aussage, dass wir auf einer emotionalen Ebene etwas für unsere Gesundheit tun können. Sie münden in die entscheidenden letzten drei Kapitel des Buches. Dort geht Maté der Frage nach, was wir selbst gegen krank machenden Stress tun können:
– Bereit sein, unsere lange nicht mehr aktualisierten Glaubensmuster zu hinterfragen.
– Die Macht des negativen Denkens durchschauen, anerkennen und für eine Neuentwicklung loslassen.
– Selbstbewusst und gezielt auf die Dinge zugehen, die wir als hilfreich erkannt haben.
Letzteres fasst Maté sehr prägnant und treffend in seinen „Sieben Prinzipien der Heilung“ zusammen. Diese möchte ich hier in meinen eigenen Worten wiedergeben.
Akzeptanz, Achtsamkeit, Umgehen mit Wut, Bindung, Bejahung … Mit Begeisterung habe ich festgestellt, dass Gabor Matés sieben Prinzipien der Heilung in weiten Teilen den tragenden Säulen des Achtsamkeitstrainings und der traumazentrierten Methode der Selbstbeachtung und Selbstbejahung entsprechen, wie ich sie im Rahmen meiner Trainings und Beratungen anbiete. Ich möchte daher an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass sich meine Angebote mit genau diesen Themen befassen.
Die Ausführungen von Dr. Maté sind von essenzieller Bedeutung – doch sie werden für dich kaum einen Nutzen entfalten, wenn du sie nicht in deinen Alltag integrierst!
Wenn du nach dem Lesen des Buches den Eindruck hast, eine Auseinandersetzung mit deinem inneren Erleben kann dich weiter bringen, dann lade ich dich ein, dich dieser Herausforderung zu stellen. Die emotionale Integration, von der Maté spricht, kann nur geschehen, wenn du bereit bist, dich mit deinen Gefühlen, Mustern, inneren Widerständen und auch deinen geprägten Mustern in deinem Familiensystem auseinander zu setzen. Dies funktioniert am besten mit einem geschulten und einfühlsamen Gegenüber – sei es in einer Einzelsitzung oder in einer Gruppe.
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Akzeptanz
Achtsamkeit
Wut
Autonomie
Bindung
Selbstbehauptung
Bejahung
Auch wenn ich hier darauf poche, dass es nicht ausreicht, die sieben Prinzipien einfach nur zu lesen, sind sie doch so prägnant getroffen, dass sie geradezu zu einem siebenteiligen Mantra herhalten können, das es lohnt, sich jeden Tag aufs Neue aufzusagen.
Ich hoffe, diese Punkte können auch dich inspirieren und – falls du es noch nicht gelesen hast – auch anregen, das Buch von Gabor Maté zu lesen.
Akzeptanz ist ein zentrales Stichwort im Achtsamkeitstraining, in der Meditation und der Stressbewältigung. Maté benutzt den Begriff zunächst für den allerersten entscheidenden Schritt hin zu einer Heilung: Eine radikale Anerkennung dessen was ist, eine ehrliche Bestandsaufnahme über das, was im Argen liegt und von dir eine Zuwendung verlangt.
Im selben Moment impliziert die Akzeptanz, dass du zwar schonungslos offen zu dir selbst sein darfst, dich darin aber nicht selbst ablehnen musst – sondern dich eben weiterhin akzeptieren darfst. Maté erwähnt daher in einem Atemzug das Mitgefühl für dich selbst, das eng verwoben zur Akzeptanz dazu gehört.
Im Achtsamkeitstraining bedienen wir uns in diesem Zusammenhang gerne des „Tricks“ der Metta-Meditation, der Meditation über Mitgefühl für andere Wesen und dich selbst. Da es uns häufig schwer fällt, Mitgefühl für uns selbst zu entfalten, geht es leichter, wenn wir bei Mitgefühl für andere Menschen beginnen. Maté nennt dies den „Doppelstandard“ – nahezu alle der Patienten, die er im Buch erwähnt, gehen hart mit sich selber um, verlangen sich viel ab und gönnen sich wenig Hilfe. Gefragt, ob sie auch mit anderen Menschen so umgehen würden, verneinen sie dies mit großer Selbstverständlichkeit.
Akzeptanz bedeutet, den Missständen klar ins Auge zu sehen, sich ihnen aber nicht zu ergeben, sondern soviel Mitgefühl für sich selbst zu haben, sich jede mögliche Hilfe und Unterstützung Wert zu sein.
In der englischen Originalausgabe wird das Wort „awareness“ für diesen Punkt verwendet. Man könnte dies auch mit „Gewahrsein“ übersetzen. Maté meint hier insbesondere unsere „Fähigkeit zur Erkennung emotionaler Wahrheit“. Wenn uns an unserer Gesundheit gelegen ist, sollten wir lernen, wieder auf ein breiter wahrnehmendes Bauchgefühl zu hören. Zur Stressabwehr in einzelnen Situationen und einer umfassenden Einschätzung der Gesamtlage in deinem Leben braucht es mehr als verbale Intelligenz und rationale Urteilsfähigkeit aus dem Kopf heraus.
In einem wichtigen Gespräch könnte dies z.B. bedeuten, statt nur Worte und Aussagen zu beurteilen, auch in der Lage zu sein, Tonfall und Tonlage unseres Gegenüber wahr zu nehmen, seine Körpersprache, die Bewegung seiner Augen – und wie wir uns insgesamt in Gegenwart dieser Person fühlen.
Für unsere Gesundheit geht es darum, Signale und Botschaften unseres Körpers wahrnehmen zu können und ernst zu nehmen. „Körperliche Anzeichen […] wie Herzklopfen, Müdigkeit, Schwitzen, häufiges Wasserlassen, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen Durchfall, Mundtrockenheit […] emotionale Anzeichen wie Anspannung oder übersteigerte Wachsamkeit, Angst, Verlust der Lebensfreude sowie […] ungewöhnliche Impulsivität oder Reizbarkeit und eine Neigung zu Überreaktionen“ – wenn du all dies liest, vielmehr, wenn du etwas davon von dir selber kennst, sollte dich das nicht kalt lassen, oder? All diese Symptome sind wertvolle Hinweise, sind Rufe deines Körpers nach Zuwendung zu dir selbst.
Die Achtsamkeit lädt dich ein, eine weite und offene Wahrnehmung für dich, deine Welt und deine Bedürfnisse zu bewahren.
Viele der von Maté aufgeführten Fallbeispiele schildern Krankheit infolge von unterdrückter Wut. Soll es also besser sein, Wut auszuleben? Es erscheint als Paradoxon: Ausgelebte Wut der Eltern hat zum einen den Menschen in den Fallbeispielen als Kind geschadet. Als Erwachsene schadet ihnen ihre eigene unterdrückte Wut. Und auch den „Anwendern“ von Wut schadet sie selber – Menschen mit einer Tendenz zu Feindseligkeit und Dominanz haben ein signifikant erhöhtes Risiko für Herzkrankheiten. Ist Wut dann nicht in jeder Hinsicht abzulehnen und zu überwinden?
Matés Lösung des Dilemmas entspricht ziemlich exakt der Denkrichtung meines Psychologie-Ausbilders Dennis Danner, weshalb ich mir erlaube, diesen zu zitieren. Danner unterscheidet zwischen einer „dramatischen Emotion“ und einem „echt erlebten Gefühl“. Anders als man vermuten würde wird eine dramatisch präsentierte Emotion wie Wut vom System eher dafür benutzt, um etwas nicht fühlen zu müssen, statt etwas wirklich tief zu empfinden. Männer bspw. neigen dazu, lieber eine rumpelige Wut an den Tag zu legen, statt zuzugeben, dass sie traurig sind. Bei vielen Frauen kann man beobachten, dass schnell Tränen fließen, statt einzugestehen, dass sie ärgerlich sind. Warum ist das so? Weil der kleine Junge gelernt hat, dass er wütend besser akzeptiert wird als traurig – „ein Indianer kennt keinen Schmerz“. Das kleine Mädchen hat gelernt, dass es ruhig traurig sein darf – aber nicht wütend. „Sowas macht ein Mädchen nicht!“ Es liegt ein weiteres Gefühl in der Tiefe darunter, das sich nicht erlaubt wird.
So spricht auch Maté davon, dass hinter dem was wir Wut nennen, oftmals vielmehr Zorn steht, und dies meint eine hilfslose verängstigte angespannte Form der Wut. Reine Wut lässt sich in Videoaufzeichnungen von psychologischen Sitzungen als Konzentration und Entspannung in Stimme und Körperhaltung beobachten – das System bekommt Energie. Zorn dagegen trägt die Anzeichen von Angst – höhere Muskelspannung, flache Atmung, schärferer Tonfall etc. Unter der vermeintlichen Wut liegt also eigentlich Angst. Es ist die Angst des Kindes, durch seine Wut, durch sein vehementes aggressives Eintreten für sich selbst mit seinem Umfeld in Konflikt zu geraten und von ihm verstoßen zu werden. Noch bevor eine gesunde Form von Wut und Selbstbehauptung sich überhaupt Raum nehmen darf, sind Angst und Schuldgefühl bereits davor gelegt.
Aufgrund dieser Angst wird Wut unterdrückt, vermieden, im Keim erstickt oder „runtergeschluckt“. Sie staut sich dann an und bricht sich irgendwann im Zorn unkontrolliert ihre Bahn. Oder sie bleibt im Untergrund und bringt das Immunsystem des Körpers völlig durcheinander: „Sollen wir nun aktiv werden oder nicht? Ist dies nun ein Feind oder nicht?“ Dies ist laut Maté einer der Hauptgründe für Krankheiten die mit dem Immunsystem zusammenhängen – insbesondere Krebs und Autoimmunerkrankungen.
Sowohl das eruptive Ausleben als auch das Unterdrücken von Wut sind Schutzmechanismen, um sich dem noch viel Unangenehmeren, nämlich der Angst vor dem Abgelehntwerden, nicht stellen zu müssen. Das nach innen Nehmen der Wut aufgrund dieser Angst ist ein immenser Stress- und Belastungsfaktor für den Organismus. Für mich als Achtsamkeitstrainer und Yogalehrer dabei besonders bedeutsam: Du kannst dir selbst und anderen noch so viel davon erzählen, sie sollten sich entspannen und auf positive Ziele ausrichten. Wenn die Ängste und die verbotene Wut nicht angeschaut werden, kann in der Tiefe keine Entspannung eintreten.
Wut ist in erster Linie eine positive Kraft in dir, die sich für dich stark macht. Sie will dich dazu bewegen (lat. emotio = Bewegung) dich für deine Bedürfnisse einzusetzen. Wenn Wut auftaucht, hat dein System bemerkt, dass entweder deine Grenzen bedroht sind oder dass ein Verlust droht – oder dass beides schon überschritten bzw. eingetreten ist. Wenn du sowohl die Wutenergie als auch die meistens damit einhergehenden Gefühle von Angst, Schuld und Scham zulassen kannst, können sie ihre eigentliche Arbeit machen: Dafür sorgen, dass du für dich einstehst! Dies kann in Wort und Tat geschehen, oder nur ein ehrlicher klärender innerer Prozess sein. Die gesunde Wut braucht dann kein schädliches Verhalten – weder für dich noch für andere.
Gabor Maté erläutert eindrücklich, wie wichtig es für den Organismus ist, dass die Killerzellen des Immunsystems erkennen und unterscheiden können, welche Zellen zum Körper gehören und welche beseitigt werden müssen. Genauso wichtig ist es für jeden Menschen, ein klares Gefühl dafür zu entwickeln, wo er autonom er selbst ist und wo die anderen Menschen seines Bezugssystems stehen. Wo es keine klare Unterscheidung zwischen den eigenen Bedürfnissen und jenen der anderen gibt, entsteht Verwirrung, wohin der Körper seine Kräfte eigentlich lenken soll. Verschwimmen die Grenzen zu anderen Menschen, spielt auch das Immunsystem verrückt und der Körper wird krank.
Im Sinne des Immunsystems, des Verteidigungssystems des Körpers, ist es also zutiefst bedeutsam, sich von anderen Organismen, genauso wie von anderen Menschen, abzugrenzen: Sich als eigenständiges Wesen zu erfahren, auf einer Körper- wie auf einer psychologischen Ebene. Dass dies nichts mit Egoismus zu tun hat, zeigt das darauf folgende Kapitel über Bindung – der Mensch braucht beides, sowohl eine gesunde Autonomie als auch verlässliche Beziehungen und Bindung.
Sind solche stabilisierenden psychischen Faktoren gegeben, kann dies eine beeindruckende Widerstandskraft gegen physische Krankheiten hervor bringen. Und diese inneren Faktoren scheinen weitaus bedeutsamer zu sein als eine vorhandene gute physiologische Verfassung des Körpers. Maté führt in seinen Beispielen auf, wie sich ein Körper auch nach massiven physischen Beeinträchtigungen wieder erholen kann, wenn er eine stabile emotionale Entwicklung durchlaufen hat, oder es dem Menschen gelingt, einen guten Zugang zu seinen Gefühlen zu bekommen und sich von unterdrückten Emotionen zu befreien. Wird dagegen die psychische Unversehrtheit, die emotional erlebte Freiheit und Eigenständigkeit des Menschen beschädigt (also gewissermaßen sein umfassendes Immunsystem), kann auch eine vormals gute physiologische Verfassung diesem Angriff nicht lange stand halten.
Maté: „Die Existenz einer autonomen, selbstregulierenden Psyche scheint […] das höhere Ziel der Natur zu sein.“ Noch höher als das Ziel des physischen Überlebens. Man könnte auch sagen: Für die physiologische Lebenserhaltung ist die psychologische Lebenserhaltung die unabdingbare Grundlage. Eine gesunde Abgrenzung scheint unabdingbar dazu zu gehören.
„Menschen, die in den Genuss echter emotionaler Unterstützung kommen, haben, unabhängig von der Krankheit, eine bessere Prognose“. „Heilung erfordert und beinhaltet die Wiedererlangung der Verletzlichkeit, die uns anfänglich dazu gebracht hat, uns abzuschalten. […] Die Suche nach Kontakten ist eine Notwendigkeit für die Heilung.“
Diese drei Sätze sagen im Grunde alles zum Thema Bindung. Die weltweit größte Studie, die den Zusammenhang zwischen guten sozialen Bindungen und Gesundheit belegt, ist die „Harvard Studie“ (siehe Link in meinem Artikel zur Stressbewältigung und Video unten). Diese dokumentiert seit über 80 Jahren den Gesundheitszustand von armen und wohlhabenden Menschen in Bezug auf ihren sozialen Rückhalt. Die Ergebnisse sind erschütternd klar: Wenn du gute Bindungen hast, ist deine Gesundheit durchschnittlich besser – egal, ob du reich oder arm bist. Wenn deine zwischenmenschlichen Beziehungen schlecht sind, geht es dir auch gesundheitlich schlechter – und auch Geld kann wenig daran ändern.
Den sozialen Aspekt in die gesundheitliche Betrachtung mit ein zu beziehen ist also unausweichlich. Ich glaube, dass das nicht „mit einem Fingerschnippen“ geht. Und doch kannst du dich auf die Suche machen, und dich für Kontakte öffnen. Dich mit deinen inneren Widerständen und Verletzungen auseinander zu setzen ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. Im besten Falle entsteht eine Aufwärtsspirale: Emotionale Klärung führt zu mehr Offenheit und Bindungsfähigkeit. Mehr soziale Bindung führt zu mehr Klärung.
Tun? Sein!
Die Selbstbehauptung ist eng verwandt mit der Autonomie, mit einem selbstbewussten Umgang mit Wut, mit den Mitgefühl für dich selbst und einer grundsätzlichen Achtsamkeit für deine Bedürfnisse. Sie verweist aber nochmal auf eine eigenständige Qualität. Dort wo die Autonomie gewissermaßen sagt „Ich erlebe mich unabhängig von anderen!“ sagt die Selbstbehauptung: „Ich erlebe mich unabhängig von anderem!“ Sie ist die Erlaubnis, sein zu dürfen – unabhängig von deinem Tun und Handeln. Dort wo die Autonomie dir hilft, deinen eigenen Standpunkt zu beziehen, hilft dir die Selbstbehauptung, diesen Standpunkt auszubauen, ihn ganz mit dir auszufüllen und dich darin „breit zu machen“.
Maté: „Selbstbehauptung stellt die grundlegende Überzeugung infrage, dass wir unsere Existenz in irgendeiner Form rechtfertigen müssen. Sie verlangt weder Handeln noch Reagieren. Sie ist Sein, unabhängig vom Tun.“ Er beschreibt in seinem Buch, wie Menschen sich permanent leer, hohl und ausgebrannt fühlen, weil sie Sein mit Aktivität und Bedeutung oder Wert mit Leistung gleich setzen. Doch in der Selbstbehauptung geht es um deinen eigenen Wert, unabhängig von Leistung und Erwartungen an dich – sei es von anderen oder von dir selbst. … „unabhängig von unserer Geschichte, Persönlichkeit, unseren Fähigkeiten oder der Art und Weise wie wir von der Welt wahrgenommen werden.“
Das kann bedeuten, Stop zu sagen und aufzuhören etwas zu tun, was man nicht tun will. Noch tiefer gehend kann es bedeuten, diesen inneren Drang loszulassen, ständig etwas tun zu müssen.
Auch damit sind wir wieder bei einigen der zentralen Fragen von Meditation und Achtsamkeit:
– Wie ist es für dich, wenn du nichts tust?
– Wer bist du, wenn du deine Tätigkeiten weglässt?
– Ist es möglich, zu sein, statt fortwährend zu tun?
– Kannst du dir die Erlaubnis geben, da zu sein – einfach so, egal wie?!
Viele der sieben Punkte von Maté drehen sich um ein „Nein“, eine gesunde Abgrenzung, eine selbstbewusste Abkehr von Dingen die dir schädlich sind. Neben diesem notwendigen Nein ist das Ja zum Leben natürlich mindestens genauso bedeutend. Dies beinhaltet ein Ja zu dem was du tust, ein Ja zu dem wer du bist und ein Ja zu dieser Welt insgesamt. Nur dort, wo du Ja sagst, wo du „grünes Licht gibst“, kann etwas losgehen, kann Leben entstehen, kann etwas wachsen. Das Ja ist gewissermaßen die schöpferische kreative Kraft selbst.
Gabor Maté erwähnt, wie es neben seiner durchaus ausfüllenden Tätigkeit als Arzt ein innerer Ruf für ihn war, zu schreiben, und anderen Menschen von an diesen Erkenntnissen teil haben zu lassen. Für jeden einzelnen Menschen, für dich ganz persönlich bedeutet Bejahung nichts geringeres als herauszufinden, worauf du so richtig Bock hast! Wozu kannst du Ja sagen? Was möchtest du entstehen lassen? Was macht dir Freude, gedeihen zu lassen? Was macht für dich Sinn im Leben, und geht dir mit einer zufriedenen inneren Zustimmung leicht von der Hand?
Auch dieser Punkt ist unmöglich ohne die anderen zu betrachten – sie unterstützen und verstärken sich gegenseitig. Wenn ein wenig Klärung in deinen Gefühlshaushalt kommen kann, wenn Widerstände losgelassen werden können, kann eine bejahende Bewegung hin zu etwas Neuem stattfinden. Umgekehrt braucht es wohl an irgendeiner Stelle ein erstes „Ja“, um sich auf diesen Herausforderungen überhaupt zu stellen.
Ich glaube dass dies das Ja zu dir selber ist, und wir sind aufgefordert, dieses Ja jeden Tag auf’s neue aus irgendeinem Winkel deines Selbst hervor zu holen.
Das Ja zu dir selbst hervor holen – ich wünsche dir, dass dir dies gelingt!
Für mich ist Gabor Matés Buch dazu ein hilfreicher Ratgeber. Damit wärmste Empfehlung, das Buch zu lesen!
Gabor Maté ist nicht der erste, der mit seiner Arbeit die These bestätigt, dass Heilung und Wohlergehen eine Zuwendung auf mehreren Ebenen gleichzeitig verlangen. Wir können unsere Probleme nicht allein auf der körperlichen Ebene lösen. Genauso wäre es vermessen, eine Heilung ausschließlich in die spirituelle Ebene zu verlagern, und keine konkreten Schritte im Praktischen zu unternehmen. In der Yoga-Philosophie spiegelt sich dies im Körpersystem der fünf energetischen Ebenen oder Fünf Hüllen („Pancha Kosha“). Die Vorstellung, dass das menschliche Sein nicht nur aus einem physischen Körper besteht, sondern auch aus einem ernergetischem, einem geistigen, einem höher-geistigen und einem allumfassend seelischen. Und dass die Wirkrichtung vom Feinen zum Groben geht, dass also die inneren, seelischen Regungen letztlich wirksamer sind als die äußerlichen.
Mich persönlich hat dies dazu gebracht, Yoga in einem umfassenden Sinne zu betrachten, und über die rein körperliche Ebene wieder hinaus zu gehen – so wie Yoga traditionell ja auch gedacht ist. Meine Herangehensweise habe ich daher Fünfklang genannt – in Anerkennung der Tatsache, dass wir alle Ebenen betrachten müssen: Die körperliche, die emotionale, die klar geistig denkende, die in der Welt handelnde … und auch die „magische“, jene die wir in Worten nur so unzureichend fassen und erklären können.
All diese Ebenen brauchen ein praktisches Betätigungsfeld. Yoga in der Gruppe, Eins-zu-Eins-Gespräche in der Beratung und Selbstbejahung, Familiensystem-Aufstellungen, Meditation, Achtsamkeitskurse, oder einfach sich Wohlfühlen und Menschen treffen ... finde deine Möglichkeiten!
Ich freue mich, wenn dir eines unserer Angebote dazu einen Schritt weiter hilft.
Herzlich,
Steffen Katz